#09 Wajeschew – „Und er wohnte“
1. Mose 37,1-40,23
Amos 2,6-3,8; Matthäus 1,18-25
Joseph lag in seiner Zelle. Es war dunkel und die Pritsche war unbequem. Es war nun schon die dritte Nacht, in der er nicht schlafe konnte. Dieser Traum neulich…
Joseph dachte noch einmal zurück. Wie war er hier hergekommen?
Nachdem er noch einmal mit dem Leben davon gekommen war, fand er sich als Sklave in Ägypten wieder. Er war Gott wirklich dankbar, dass er zu einem Herren kam, der ihn gut behandelte. Das war nicht selbstverständlich und Joseph wusste das.
Der Gott seines Vaters hatte ihn gnädig behandelt. Joseph war bald der Verwalter aller Güter seines Herren. Es war nicht so, dass er seinen Vater nicht vermisst hätte, aber die Arbeit für seinen Herren half ihm, sich von dem Schmerz und der Trauer abzulenken.
Die Zeit bei seinem Herren Potiphar war nicht immer leicht, aber erträglich. Er hatte Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf und stand in der Gunst seines Herren. Doch warum musste gerade seine Frau ein Auge auf Joseph werfen? Es hätte genug andere Männer im Hause Potiphars gegeben, doch ihre Wahl fiel ausgerechnet auf ihn.
Joseph hatte sich nicht auf ihre Annäherungen eingelassen und deshalb saß er jetzt im Gefängnis. War das fair?
Im Gefängnis hatte Joseph viel Zeit zum nachdenken. Es gab zwar Arbeit, doch er war längst nicht so beschäftigt wie bei Potiphar. Die Erinnerungen holten ihn hier ein. Oft lag er nachts wach. Albträume, in denen er das Komplott seiner Brüder gegen ihn erneut durchlebte, raubten ihm den Schlaf. Unzählige Fragen kreisten ihm durch den Kopf. Warum ist mir das passiert? Was habe ich getan, dass Gott mich so straft? Wieso hatte Gott nicht eingegriffen und meine Brüder aufgehalten? Werde ich meinen Vater wiedersehen? Wenn ich meine Brüder wieder sehen würde, wie würde es sein? Würden sie mich immer noch umbringen wollen? Wie könnte ich aufhören sie zu hassen?
Joseph betete jede Nacht. Er schrie zu Gott und warf ihm seine Fragen entgegen. Doch die Antworten ließen auf sich warten. Das Einzige worauf Joseph sich stützen konnte, waren seine Träume: Er sollte über seine Brüder herrschen. Das hatte er zweimal geträumt. Vor Jahren.
Doch konnte er sich wirklich auf diese Träume verlassen? Vielleicht hatte er sich alles nur eingebildet? Wie sollte ein Gefangener zum Herrscher werden?
Und dann, vor zwei Nächten, hatte er wieder einen Traum. Dieser Traum war so real, dass sich Joseph gar nicht sicher war, ob es nicht doch wirklich passiert war. Aber wie hätte das gehen sollen?
Ein Mann im weißen Gewand stand in jener Nacht an seiner Pritsche. Sein Angesicht glänzte. Ein sanftes Lächeln zog über seine Lippen. Sein Blick war klar auf Joseph gerichtet, der ihn durch seine Tränen hindurch sah.
Der Mann sprach zu ihm: Joseph, ich kenne deinen Schmerz. Ich kenne die unzähligen Tränen, die du vergossen hast. Ich weiß, was dich bewegt. Doch wie lang willst du noch lamentieren? Wie lang willst du noch mit deiner Vergangenheit hadern?
Lass die Fragen los! Gott hat dich nicht hier her geführt, um dich zu bestrafen. Er hat dich hier her geführt, um dir zu begegnen. Er möchte mit dir gemeinsam diesen Teil der Welt verändern. Er weiß, dass du enttäuscht und verletzt wurdest. Er ist auch hier bei dir. Suche Ihn und Seine Ziele, die Er mit dir hier hat.
Es hat einen Sinn, dass du hier bist. All die Geschehnisse der letzten Jahre sind Geschenke an dich, Joseph. Gott lässt dich fühlen, was Er fühlt in einer Welt, in der die Menschen Ihn, der doch ihr Schöpfer ist, nicht anerkennen wollen. Die meisten Menschen würden Ihn töten wollen, wenn sie es könnten.
Joseph, du befindest dich in einem Prozess, in dem Gott dich verwandelt. Er bearbeitet dein Herz, sodass du lernst, deine Feinde zu lieben, so wie Er es auch tut. Du wirst diese Erfahrungen brauchen, wenn Du einst an Seiner Seite regieren wirst.
Nimm den Weg an, den Er dich geführt hat. Vergib dir selbst, deinen Brüdern, der Frau des Potiphar und geh deinen Weg. Gott ist mit dir und Er wird deine Wunden verbinden. Vertraue Ihm und gehe in deiner Bestimmung!
Danach erwachte Joseph. Dieser Traum war so intensiv, dass er ihn die letzten Tage nicht los ließ.
Wohin hatten ihn seine Fragen nach dem Warum und Weshalb seiner Lage geführt? Wurde sein Schmerz besser? War er dadurch wieder nach Hause gekommen?
Wenn es wirklich so war, dass Gott ihm das alles widerfahren ließ, um Joseph zu schulen, so war dies ein großer Trost. Joseph wollte nicht länger lamentieren. Er wollte leben!
Und so stellte er Gott zum ersten Mal die Frage: Was kann ich tun, damit Dein Reich hier in diesem ägyptischen Gefängnis aufgebaut wird?
Lieber Leser, die obige Erzählung ist eine Möglichkeit, was Joseph in Ägypten erlebt haben könnte. Josephs Geschichte steht beispielhaft für viele unserer Leidenswege. Manche Etappen auf unserem Weg mit Jeschua sind nicht leicht. Doch hilft es uns sicher, diese Situationen anzunehmen und darauf zu vertrauen, dass JHWH sie in der Hand hält. Er ist unser Tröster und unser Arzt.
Unsere Leidenserfahrungen sind kein Zufall. Sie sind Teil eines Plans, den JHWH für uns persönlich hat. Er möchte uns im Leid begegnen. Er möchte uns darin trösten. Er möchte uns daraus herausführen. Die Geschichte Josephs darf uns, in welcher Situation wir uns auch immer befinden, eine Ermutigung sein.
JHWH ist bei mir!
Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll. (Römer 8,17)
Bildquelle: http://www.freebibleimages.org/photos/joseph-potiphar/
- #25 Tzav – “Gebiete!” - 24. März 2024
- Purim und die Offenbarung der Braut - 19. März 2024
- 24 Wajikra – “Und er rief” - 17. März 2024