Ephraim trifft Juda – Teil 8 – Shalom bayit
Streitende Eheleute. Unzufriedene Kinder. Schwierige Schwiegereltern. Zankende Geschwister.
Jeder weiß, wie schön das Leben ohne diese Themen ist. Es gehört zu unseren größten Herausforderungen, mit Menschen eng zusammen zu leben und gut mit ihnen auszukommen.
Nicht ohne Grund gehört deshalb „shalom bayit“ (dt. „ein friedvolles Zuhause”) zu den größten Mitzvot im jüdischen Denken. An verschiedenen Stellen ging es schon um wichtige Mitzvot oder Gebote. Doch man braucht keine große Vorstellungskraft, um zu wissen, dass ein friedvolles Zuhause zu den schönsten – wie auch zu den schwierigsten – Zuständen in unserem Leben gehört.
Da kann es im Job oder in der Schule noch so rund gehen. Da können die Nachbarn einen richtig annerven. Wenn die Familie intakt ist und man dort wahre Harmonie und einen friedvollen Zufluchtsort hat, kann einen nicht viel umhauen.
Israelische Familien
Schon oftmals haben mich Familien in Israel beeindruckt. Natürlich kann man es nicht verallgemeinern. Doch man spürt sehr deutlich, dass Familie einen sehr hohen Stellenwert hat.
Der Schabbat trägt dazu natürlich viel bei. Es ist ein Tag, der der Familie und dem (gemeinsamen!) Torah-lernen gewidmet ist.
Doch auch unter Geschwistern spürt man häufig einen großen Zusammenhalt.
Neulich zum Beispiel war ich mit meinen Kindern auf einem Spielplatz. Außer uns war noch eine Gruppe anderer Kinder dort. Und schon bald merkte ich, dass diese sieben Kinder Geschwister waren.
Es hat mich sehr beeindruckt, wie schön sie miteinander umgegangen sind. Wenn der jüngste (ca. 3 Jahre alt) sich zum Beispiel mal wehgetan hatte, kamen gleich welche von den älteren (und nicht nur die Mädchen!) und haben nach ihm geschaut. Und auch so waren sie in der Lage ohne Streitereien miteinander zu toben und zu spielen.
Auch eine 13-köpfige Geschwisterschar in Jerusalem war sehr beeindruckend zu beobachten. Ganz ohne Eltern zogen sie zur Klagemauer und bekamen sogar ein Gruppenbild hin (das heißt schon was!). Da fragt man sich schon, wie so eine Familienharmonie funktionieren kann (und diese war tatsächlich zu spüren).
Das ist etwas, was mich sehr begeistert und worüber ich noch viel lernen möchte.
Und ich glaube, von Juden kann man sich in dem Bereich eine Menge abgucken. Denn was man in jedem Fall spürt, ist, dass Familie einen riesigen Stellenwert hat und oftmals zu funktionieren scheint.
Fokussieren auf die wichtigen Dinge
Shalom bayit ist eine der größten Mitzva. Unser Umgang damit, so die jüdische Lehre, zeigt unseren Dienst für Gott. Denn es ist ein lebenslanges Projekt und enthält die tatsächlichen Prüfungen unseres Lebens!
Wir können unsere Zeit nur schwer besser investieren, als in familiäre Beziehungen. Es sind Beziehungen die wir unser Leben lang haben werden.
Für immer bleiben wir mit Geschwistern, Eltern, Tanten usw. verbunden – auf welche Art und Weise bestimmen meist wir selbst.
Und das Torah-Studium?
„Aber wenn ich so viel Zeit mit meinen Kindern verbringe, was bleibt dann noch für mich an Zeit übrig? Was für das persönliche Torah-Studium?“
Auch im Judentum kommen diese Gedanken auf.
Doch ist die Zeit mit der Familie verlorene Zeit? Nein, das ist es natürlich nicht.
Im Gegenteil: Shalom bayit ist Torah-lernen in der Praxis!
Wenn wir uns um unsere Ehe und unsere Familie kümmern und in die Beziehungen investieren, können wir die Prinzipien der Torah (vor allem Liebe) erst so wichtig ausleben.
Rabbi Shalom Arush sagt dazu: Wir können die Torah nur dann richtig befolgen, tikkun* erreichen und unsere Seele korrigieren, wenn wir in einer Ehe und in einem Shalom bayit leben.
Welche Prioritäten setzten wir also?
* Tikkun Olam (jüdisches Konzept zur Verbesserung von Gottes Schöpfung durch Menschenhand)
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Uta Schmidt
8. September 2015 @ 6:27
Ja, diese Beobachtungen kann man in Jerusalem machen. Es ist ein grosses Zeugnis vor der Welt. Ich denke, dass das eine Segnung ist, die sich über die Jahrhunderte in den Juden manifestiert hat. Was sie tun ist nicht einstudiert, das ist erlebte Geschichte und darum um so beeindruckender.
Wir müssen noch vieles lernen und es muss uns in Fleisch und Blut übergehen, so dass unsere Reaktionen auch ein Abbild des Messias abgeben können. Wer Liebe übt bleibt in Übung, denn auf diesem breiten Übungsfeld werdem wir wohl kaum auslernen. Es gibt allezeit Überaschungen, wie leicht man sich irren kann in der Einschätzung anderer. Da gibt es viel Gelegenheit, selber Buße zu tun, bis man seine Einstellung zu anderen in die richtige Balance gebracht hat. Das Geheimnis der Liebe ist dies: Ich muss damit anfangen und darf mir nie einbilden ich sei es die es tut. Es ist Yeshua in uns. Er leitet uns stets neu zur Buße wo unsere Liebe zu klein ausgefallen ist.
Er überlässt uns nie in der Einbildung es gäbe nichts mehr dazuzulernen. Aber er lässt dich auch nicht dich selbst ganz vergessen. Denn es gehört dazu, dass wir auch uns lieben, damit wir nicht in Schieflage kommen. Das bewahrt uns vor dem burnt out. Er erwartet von uns nicht, dass wir unerschöpflich sind. Das ist seine grosse Liebestat für uns die wir so gerne Alleskönner wären. Er bewahrt uns vor stolzer Unabhängigkeit. Das bewirkt auf Dauer eine gediegene Gelassenheit, die Patina der echten Liebe. Das habe ich von dem edelsten der Juden gelernt inmitten vieler Alltagereignissen durch die er mich, oft unbemerkt von mir, durchbrachte. Erst im Rückblick kann ich seine Spur erkennen. Er ist der beste Reiseleiter auf dieser Erde. Unsichtbar und doch so real. An der Liebe sollen sie uns erkennen. Tun sie es nicht, müssen wir noch weiter üben.