Ephraim trifft Juda – Teil 4 – Eine Yeshiva von innen
„Sei mal kurz leise. Ich muss mich konzentrieren!“
Jeder kennt das. Manchmal braucht man vollkommene Ruhe, um sich gut fokussieren zu können.
Hausaufgaben machen und nebenbei Musik laufen lassen? Viele Schüler machen das, stoßen aber bei ihren Eltern auf viel Unverständnis und große Ablehnung.
Gutes Lernen und Ruhe gehört einfach zusammen – so ist die Überzeugung. Das sieht man in jeder Bibliothek oder Bücherei.
Doch – vielleicht hast du es schon vermutet – in einer jüdischen Torah-Schule (Yeshiva) ist das ganz anders.
Einige Male durfte ich nun schon diese besondere Atmosphäre miterleben und ich fand es sehr beeindruckend.
Formen des Lernens
Sicherlich ist dir bekannt, dass man viel effektiver lernen kann, wenn man dabei verschiedene Sinne anspricht.
Statistiken zeigen zum Beispiel, dass man sich beim stillen Lesen (als durchschnittlicher Mensch) auf Dauer nur ca. 10% des Gelesenen behält. Die restlichen 90% vergisst man.
Diese Werte kann man erhöhen, indem man den Inhalt zum Beispiel auch hört. Noch bessere Ergebnisse bekommt man durchs Aussprechen, Aufschreiben oder indem man Empfindungen mit einbindet.
Eine der besten Möglichkeiten, sich Wissen zu merken, ist, wenn man versucht, es anderen zu erklären.
Diese Prinzipien sind so logisch, dass man eigentlich auf die ganzen Studien, die das belegen, verzichten könnte. Viele Lehrer versuchen, sich dies zunutze zu machen und auf ihren Unterricht anzuwenden.
Und trotzdem wenden viele Lernende diese Grundsätze nicht bewusst an. Ich weiß nicht, ob sie zu unbekannt sind oder ob sie nicht unserer Mentalität entsprechen. Oft habe ich erlebt, wie sich zum Beispiel Schüler abquälen und beim Lernen überfordert sind.
Lernen in einer Torah-Schule
Sehr überrascht hat mich nun, wie wenig eine Yeshiva einer deutschen Universität oder Bibliothek gleicht.
Natürlich gibt es auch hier Zeiten, in denen ein Dozent (Rabbiner) vorne steht und lehrt.
Aber wenn die Studierenden selbst aktiv am Studieren sind, kommt man sich ein bisschen so vor, als wäre man auf einem Markt. Denn was hier absolut nicht ist, ist Stille!
Wer alleine lernt, liest laut seinen Text (und spricht durchs Lesen, Hören, Sprechen gleich mehrere Sinne an).
Und diejenigen, die gemeinsam lernen, sind in Gespräche und Diskussionen vertieft. Man erklärt sich gegenseitig und lernt dadurch.
Und natürlich ist alles gefüllt mit Büchern (man nennt Juden nicht umsonst das Volk der Bücher).
Anti-Isoliertes Lernen
Was mich am meisten an dieser Art des Lernens begeistert ist das Lernen in Gemeinschaft.
Ähnliches habe ich auch schon in unserem Schabbatkreis in Deutschland erlebt. Immer wieder kamen uns gemeinsam Erkenntnisse, auf die wir alleine nicht gekommen wären. Schon damals hat mich das oft begeistert.
Ich glaube, dass wir nicht dafür geschaffen sind, etwas alleine zu machen – auch nicht was das Lernen angeht.
Wahrscheinlich hat es sogar noch einen weiteren großen Vorteil, wenn man in Gemeinschaft lernt: Irrlehren haben viel weniger Potential sich zu entfalten. Viel eher kann man sich korrigieren und andere Seiten (oder Bibelstellen) aufzeigen, die man nicht so im Blick hat.
Wie schön wäre das, wenn wir ähnliches leben und erleben würden? Von Freunden weiß ich zum Beispiel, dass sie sich den Neumondstag (der ja auch eine gewisse Bedeutung in der Bibel hat) für Studien vornehmen.
Wäre es nicht eine Idee, diesen Tag mit Geschwistern und gemeinsamen Lernen zu verbringen?
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