Den Bruder verstehen 8 – Der Name Gottes
Für diesen achten Teil des Kurses „Den Bruder verstehen“ freue ich mich, dass wir heute einen Rabbiner über den Namen Gottes interviewen dürfen. Sicherlich ist es nicht verkehrt, sich direkt an Juden bzw. Rabbiner zu wenden, wenn man etwas über ihre Meinung oder ihr Denken erfahren möchte.
Wir sind also gespannt, mit Rabbi Avraham Feld jemanden hören dürfen, der zudem sehr viel über die derzeitige Situation rund um Juda und Ephraim weiß und sogar ein Buch dazu geschrieben hat.
(Das Interview wurde ins Deutsche übersetzt.)
Hosea: Schalom und Herzlich Willkommen, Rabbi Avraham Feld. Danke, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen und uns einen Einblick in das jüdische Denken über Gottes Namen geben. Was denken denn Juden über den Namen Gottes?
Schalom! Ich habe zu danken. Nicht jeder ist bereit uns zuzuhören.
Wir Juden verehren Gott und wir haben den größten Respekt vor Seinem Namen. Wir lesen in der Torah Folgendes:
…dass du diesen herrlichen und furchtgebietenden Namen, den Herrn, deinen Gott, fürchtest. (5.Mo 28,58)
Hosea: Wie zeigt sich im Judentum dieser Respekt und diese Ehrfurcht gegenüber Seinem Namen?
Der Talmud listet neun Namen – bzw. eher Beschreibungen – auf, die auch im Tanach vorkommen und die so heilig sind, dass sie nicht zerstört werden dürfen.
Aus diesem Grund begraben Juden Torah-Rollen, welche nicht mehr repariert werden können. Eben damit der heilige Name nicht zerstört wird.
Auch die Praxis, Torah-Rollen zu schreiben, ist eine Wissenschaft für sich. Die Regeln, die dort beachtet werden, drücken unsere Gottesfurcht aus: Kein einziger Buchstabe darf in einer Torahrolle falsch geschrieben sein, sonst wird sie ungültig. Und bevor der Schreiber den Namen Gottes schreibt, wäscht er sich die Hände.
Übrigens, die meisten Wörter, die im Tanach benutzt werden, um über Gott zu sprechen, sind vielmehr „Beschreibungen“ als „Namen“. Wir Menschen versuchen Wörter zu benutzen, um Sein Wesen zu verdeutlichen. Sie reichen von „mächtiger Herrscher“, über „Richter“, „Gnädiger“, „Ewiger“, „Vater“, „König“ usw.
Wir glauben, dass manche Seiner Namen nicht ausgesprochen werden sollten, es sei denn man betet oder studiert in der Bibel.
Und wer den Namen des Herrn [die vier heiligen Buchstaben; Tetragrammaton] lästert, der soll unbedingt getötet werden! Die ganze Gemeinde soll ihn unbedingt steinigen, sei es ein Fremdling oder ein Einheimischer; wenn er den Namen lästert, so soll er sterben! (3.Mo 24,16)
Hosea: Aber was ist genau unter lästern zu verstehen?
Der Vers in 3.Mose 24,16 gebraucht das hebräische Wort וְנֹקֵ֤ב (v’nokev) – was im Text mit „lästert“ wiedergegeben wird.
Dieses Verb נֹקֵ֤ב (nokev) hat insgesamt 3 verschiedene Bedeutungen, die vom jeweiligen Kontext abhängig sind:
Zum einen kann es bedeuten, etwas „zu durchstechen“, „zu durchbohren“, oder „(ein Loch) zu bohren“.
Vergleiche:
Siehe, du vertraust auf jenen geknickten Rohrstab, auf Ägypten, der jedem, der sich darauf stützt, in die Hand fährt und sie durchbohrt! (Jes 36,6)
Seine zweite Bedeutung ist „etwas definieren“, „etwas zu benennen“, „etwas festlegen“:
Und er sprach: Bestimme mir deinen Lohn, so will ich ihn dir geben! (1.Mo 30,28)
Und Mose und Aaron nahmen diese Männer, die mit Namen bezeichnet waren (4.Mo 1,17)
Und du wirst mit einem neuen Namen genannt werden, den der Mund des Herrn bestimmen wird.( Jes 62,2b)
Und die dritte Bedeutung ist „zu fluchen“ oder „zu lästern“ (vgl. 3.Mo 24,16).
Aber noch nie hat jemand 1.Mose 30,28 so übersetzt: „durchbohre mir deinen Lohn“?
Oder 4.Mose 1,17: „die mit Namen durchbohrt waren“
Oder Jesaja 62,2 wie folgt: „und du wirst mit einem neuen Namen genannt werden, den der Mund des Herrn durchbohren wird.“?
Doch durch diese Parallelen erhalten wir eine ganz andere Bedeutung und Tiefe dieses Wortes.
Die Sünde, „Gott zu lästern“ (3.Mo 24,16) ist so schwerwiegend, dass kein Opfer dafür möglich war.
Eine Person, die sich solch einem Vergehen schuldig macht, muss „sterben“. Das heißt die Sünde bleibt bis zum Ende seines Lebens bestehen und Gott selbst wird sich nach seinem Tod darum kümmern.
Hosea: Sie sagten, Gott habe mehrere Namen. Doch gibt es nicht DEN einen Namen? Also vielleicht den wichtigsten?
In 2.Mose 3,13-14 lesen wir:
Und Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Kindern Israels komme und zu ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mich fragen werden: Was ist sein Name? — was soll ich ihnen sagen?Gott sprach zu Mose: »Ich bin, der ich bin!« [hebr. אהיה אשר אהיה] Und er sprach: So sollst du zu den Kindern Israels sagen: »Ich bin« [hebr. אהיה], der hat mich zu euch gesandt.
Ist es nicht interessant, dass Gott hier deutlich aufträgt, wie er dem Volk vorgestellt werden will? Denn man findet hier kein Tetragrammaton, auch wenn wir wissen, dass der Vier-Buchstaben-Name viele Male im Tanach erscheint und tatsächlich der bedeutendste Name Gottes ist.
Doch es ist die Oral Torah, die sagt, dass das Tetragrammaton der wichtigste Name Gottes ist.
Ist das nicht interessant?
Hosea: Und warum nennen Juden Gott dann HaShem?
Wie schon gesagt. Aus Ehrfurcht glauben wir, dass Seine Namen nicht einfach so gesagt werden dürfen. Wenn wir also über ihn reden wollen und nicht im Gebet mit ihm, benutzen wir aus Respekt „HaShem“.
Dieser ist übrigens nicht aus der Luft gegriffen. „HaShem“ finden wir in der Torah:
Wenn du nicht darauf achten wirst, alle Worte dieses Gesetzes zu tun, die in diesem Buch geschrieben sind, so dass du diesen herrlichen und furchtgebietenden Namen [hebr. HaShem], den Herrn, deinen Gott, fürchtest (5.Mo 28,58)
Hosea: Sie kennen sich sehr gut über die derzeitige Entwicklung der so genannten „verlorenen Stämme“ aus, beobachten und begleiten diese Prozesse schon seit Jahrzehnten. Nun herrscht doch an vielen Ecken und Enden ein großer Streit über den richtigen Namen Gottes. Was können Sie uns dazu sagen.
Da kann ich beruhigen: Keine dieser Versionen ist richtig!
Bei all dem, was wir über die Jahrzehnte mitbekommen haben, sind unter den verschiedensten Bewegungen derzeit 153 unterschiedliche Namens„vorschläge“ vorhanden. Doch keiner davon ist der richtige.
Das ist gut so. Denn in diesen herrschenden Streitereien würde der Name sehr entehrt werden.
Der Name wurde verborgen. Das geschah zu unserer Sicherheit. Und weil es Gott selbst prophetisch so angekündigt hat.
Hosea: Wirklich?
Ja, wir lesen in dem brennenden-Dornbusch Bericht folgendes:
Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt; Das ist mein Name ewiglich, ja, das ist der Name, mit dem ihr an mich gedenken sollt [wörtl. der Name meines Gedenkens] von Geschlecht zu Geschlecht. (2.Mo 3,15)
„ewiglich“ wird hier im Hebräischen mit לעלם wiedergegeben. Doch je nach Vokalisierung kann es als „le’olam“ (= ewiglich) oder als „le’alam“ (= verborgen) ausgesprochen werden.
Der Buchstabe Ayin ist in diesem Wort absichtlich größer geschrieben als sonst. Dies zeigt eine tieferliegende Aussage an.
Es ist also ein klarer Hinweis darauf, dass Gottes Name nicht nur „ewiglich“ ist, sondern dass Er Seinen Namen auch „verbergen“ wollte:
Das ist mein Name der zu verbergen ist. Ja, das ist der Name meines Gedenkens von Geschlecht zu Geschlecht.
Übrigens zeigt auch das Neue Testament, dass wir den Namen nicht benutzen sollen. Denn es wäre doch kein Problem gewesen, Seinen Namen in irgendeiner Art und Weise zu benutzen und zu transkribieren.
Hosea: Und woher wissen Sie, dass keiner dieser 153 Namen richtig ist?
Leiter unseres Volkes haben vor langer Zeit angefangen, ihn geheim zu halten. Der Name ist nicht öffentlich bekannt und wird nur unter der Führerschaft weitergegeben.
Hosea: Und warum soll ihn keiner wissen?
Es ist zu gefährlich!
Hosea: Was meinen Sie damit?
Das Tetragrammaton wurde im ganzen Tanach nur dreimal von Menschen ausgesprochen. Und bei allen drei Anlässen waren die Konsequenzen für die Angesprochenen verheerend.
David sprach ihn vor Goliath aus:
David aber sprach zu dem Philister: Du kommst zu mir mit Schwert und mit Speer und mit Wurfspieß; ich aber komme zu dir im Namen des Herrn der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, die du verhöhnt hast! (1.Sam 17,45)
Elisa sprach ihn vor Jungen aus, die ihn lästerten:
Da wandte er [Elisa] sich um, und als er sie [die kleinen Knaben] sah, fluchte er ihnen im Namen des Herrn. Da kamen zwei Bären aus dem Wald und zerrissen 42 Kinder. (2.Kö 2,24)
Und die dritte Stelle ist ohne die Oral Torah nicht offensichtlich.
Doch das ist der Grund, warum die korrekten Vokale nie gedruckt wurden. Der Name Gottes ist ein stark-bewahrtes Geheimnis. Wir wissen, dass man ihn nur hören darf, wenn man zum Beispiel gereinigt ist. Sonst kann es – wie wir in den Versen gesehen haben – gefährlich werden.
Und ebenso könnte der Name als „Waffe“ missbraucht werden, was sicherlich nicht im Sinne Gottes ist.
Hosea: Und was ist dann mit der Vokalisation, die man zumindest in früheren jüdischen Tanachs findet? Manche leiten daraus ab, dass der Name eindeutig Yehova sein muss.
Die Vokalisierung wurde lange nach dem Verfassen der Torah eingeführt. Bis dahin war sie Teil der mündlichen Überlieferung.
Man begann mit den Vokal-Zeichen, damit auch ungebildete Juden die Torah lesen konnten.
Doch um vorzubeugen, dass diese das Tetragrammaton nicht aussprechen, hat man dort die Vokalzeichen von Adonai eingesetzt. Jeder, der etwas im Lesen der Torah geübt war, erkannte diese Vokal-Kombination sofort. Es war eine Erinnerungshilfe, um an diesen Stellen „Adonai“ zu sagen.
Als nun die „Zeugen Yehova“-Bewegung entstand, folgte der Gründer – der im Hebräischen nicht sehr bewandert war – diesen Vokalzeichen und leitete daraus den aus seiner Sicht „richtigen“ Namen ab: „Yehova“
Hosea: Bei vielen Juden hat sich ja auch die Schreibweise mit Bindestrich für Vokale eingebürgert (zum Beispiel G-tt). Warum macht man das und ist es im Judentum vorgeschrieben?
Leute, die (wie ich) Wörter wie Gott mit Bindestrich schreiben, tun dies aus Respekt heraus – nicht weil es gefordert wäre.
Kein Gebot verbietet, dass wir die Titel Gottes in Englisch oder Deutsch ausschreiben.
Es ist ganz einfach nur ein Zeichen des Respekts und der Ehrehrbringung, dass einige dieser Praxis folgen.
Hosea: Ganz herzlichen Dank, Rabbi Feld, für diesen sehr aufschlussreichen Einblick!
Nachbemerkung
Mir selbst hat dieses Gespräch sehr weitergeholfen. Sicherlich darf man im Hinterkopf behalten, dass sich hier zwei ganz unterschiedliche Gruppen mit dem Namen Gottes beschäftigen: Auf der einen Seite werden sich viele Gläubige bewusst, dass Gott überhaupt einen Namen hat. Und auf der anderen Seite das jüdische Volk, die die Bibel im Urtext lesen und somit immer den Namen Gottes vor Augen hatten und haben.
Erst vor kurzem sprach ich mit einem anderen Rabbiner, von dem ich einen interessanten Gedanken bekam:
Die Beziehung zu Gott wird durch zwei Eigenschaften bestimmt: Liebe und Furcht. Doch beides muss ausgewogen sein, sonst kann es passieren, dass man gewisse Grenzen übertritt.
Und so empfinde ich es bei dieser Thematik. Die Wiederherstellungsbewegung, die wir miterleben, erlangt Bewusstsein darüber, dass Gott überhaupt einen Namen hat und dieser in der Bibel so viel Beachtung findet.
Doch da viele von uns mit dem „Gott der Liebe“ großgeworden sind, müssen wir aufpassen, dass wir keine Grenzen der Ehrfurcht übertreten. Beim Namen Gottes ist das sehr leicht möglich.
Und so wünsche ich uns, dass es uns hilft, ehrfurchtsvoller mit Seinen Namen umzugehen.
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Gertraud
19. März 2016 @ 11:33
Lieber Hosea, hab Dank für Dein Interview mit Rabbi Feld.
doch ich habe eine Frage dazu. Es gibt viele Stellen in der Tanach, da sagt JHWH “macht meine Namen den Menschen/Völkern kundt” Doch wie sollen wir Seinen Namen weitergeben, wenn wir ihn gar nicht kennen.? ich finde die Stelle am Dornbusch wunderbar, JHWH sagt Mosche Seinen Namen, den soll er dem Volk sagen! ja, das mit dem “Lieben Gott” und der mangelnden Ehrfurcht kann ich auch so sehen.
— ob ich G-tt so oder so schreibe ist völlig egal , denn es gibt viele Götter und welchen ich dann damit meine , wer weiß es? Deshalb sage ich das Wort mit dem buchstabe G möglichst gar nicht mehr. Denn wir sollen die namen andere Götter nicht benutzen, aussprechen. doch selbst das ist in unserem System sehr schwierig – allein wenn ich an die Namen der Wochentage denke usw.
maranath JAHUSHUA!!!!
Gertraud
Hosea
11. April 2016 @ 10:13
Wir können Seinen Namen den Menschen/Völkern kund tun – aber anscheinend nicht, indem wir den exakten Namen Gottes weitergeben, da er uns unbekannt ist. Doch Gott hat viele Namen. Der “Name Gottes” entspricht vielen Eigenschaften. Und dieser können wir weitergeben und vorleben. Das ist das Entscheidende!
Sein Volk hat Seinen Namen in Verruf gebracht, weil es von sich selbst gesagt hat, dass es an den Gott Abrahams, Gott Isaaks und Gott Jakobs glaubt, aber nicht nach Seinen Unterweisungen gelebt hat. Dadurch wird der Name Gottes verunreinigt. Dazu muss ich diesen aber nicht in den Mund nehmen.
Reichen Segen Dir,
Hosea
Enelram
24. März 2016 @ 15:56
Ganz 1fach: Wir können nur die Namen kundmachen, die wir kennen! das reicht schon!
Gertraud
16. April 2016 @ 14:50
Also ist es weise Seinen Namen durch unser “Leben” den menschen kund zu machen!
Dabei helfe uns der Ruach ha Kodesch!
Gertraud