Lashon hara Teil 5 – Verführung und Ausnahmen
In den bisherigen Kursteilen haben wir uns mit unterschiedlichen Bereichen von Lashon hara, der bösen Zunge, auseinandergesetzt. Die Bibel legt einen riesig großen Schwerpunkt auf unser Reden. Und so sind wir aufgefordert unser Reden sehr genau zu prüfen, anzupassen und zu trainieren. Das Ziel ist ein heiliger Lebensstil – auch in unseren Worten.
Dieser ganze Prozess ist auf der einen Seite schon sehr herausfordernd und anspruchsvoll. Doch er gewinnt nochmals an zusätzlicher Intensität, wenn wir bemerken, dass zu Lashon hara so manche Arten von Gesprächen gehören, mit denen wir nicht gerechnet hätten.
So kann zum Beispiel die einfache Aussage „Hast du schon von der Gehaltserhöhung von Markus gehört“ sehr grenzwertig sein, da wir nicht sicher wissen welche Auswirkung eine solche Aussage hat. Unser Gegenüber kann sich von ganzem Herzen über Markus und seine Gehaltserhöhung freuen. Doch auf der anderen Seite kann es auch Eifersucht, Neid und Getratsche hervorrufen. Wir haben in Teil drei dieses Kurses gelernt, dass nach der Frucht und der Ehre zu fragen gute Gradmesser sind. Denn man erkennt hier schnell, dass unser Reden auch von den Zuhörern abhängig ist: Wie werden sie mit unseren Aussagen umgehen? Wie sicher bin ich, dass es bei diesen nichts Negatives bewirkt? Natürlich tragen wir nur in gewissen Teilen die Verantwortung, aber ich denke, man bekommt eine Idee der Problematik.
Im heutigen Teil behandeln wir zwei weitere Aspekte, die mit Lashon hara zusammenhängen: „Verführung“ und „Ausnahmen“. Das Thema „Verführung“ ist eher ein Randthema von Lashon hara. Doch da es schwierig zu entlarven ist, sind wir gerade deshalb aufgefordert, sehr stark darauf aufzupassen. Sicherlich kein einfaches Unterfangen.
Doch wir wollen uns in diesem Kurs dem Thema in seiner ganzen Bandbreite stellen. Und so kommen natürlich auch Aspekte auf, die für uns neu sind und an die wir bezüglich unseres Redens vielleicht noch nicht gedacht haben.
Das Prinzip der Verführung
Um was geht es bei diesem Prinzip? Ausschlaggebend ist ein Gebot aus der Torah:
Du sollst dem Blinden keinen Anstoß in den Weg legen. (aus 3.Mo 19,14)
Selbstverständlich soll Blinden wortwörtlich nichts in den Weg gelegt werden. Das ist nicht nett. Doch dieses Gebot hat natürlich noch eine übertragene Bedeutung. Es geht darum, dass man jemanden nicht zum Sündigen verführen soll! Vor allem dann nicht, wenn er nicht damit rechnet, nicht vorbereitet ist oder dem nicht gewachsen ist – aber natürlich auch ganz generell!
Nehmen wir folgende ganz allgemeine Beispielsituationen (die zunächst nichts mit Lashon hara zu tun haben):
- Jemand kocht für Gäste, die nach der Torah leben möchten, ein Gericht, das Schweinefleisch enthält.
- Jemand hilft bei der Steuererklärung und gibt falsche Hinweise, so dass der Betroffene Steuern hinterzieht.
- Jemand lädt zum Filmabend ein. Doch der Film enthält Szenen, vor denen man eigentlich die Augen verschließen sollte.
Zum Antworten verführt
Kommen wir nun zum Prinzip der Verführung in Bezug zu unserem Reden. Denn wir können es darauf übertragen: Geben wir mit unseren Worten anderen eine Steilvorlage, Lashon hara zu reden?!
Was soll das heißen?
Es gibt Sätze, die nicht direkt schlecht oder böse sind. Man sündigt nicht mit dem gesprochenen Inhalt. Doch man verführt andere damit zu Lashon hara (zum Lästern, etc.), so dass der eigentlich „harmlose“ Satz doch zur Sünde wird – aufgrund des Gebots aus 3.Mose 19,14:
Du sollst dem Blinden keinen Anstoß in den Weg legen.
Betrachten wir ein paar Beispiele:
- „Was denkst du eigentlich über den Ralf?“
- „Schau mal was die machen!“
- „Oh, wie sieht die denn aus…!“
- Auch übertriebenes Lob kann dies unter Umständen provozieren. Vor allem dann wenn man weiß, dass Zuhörer anderer Meinung sind.
Man sieht an den Beispielen, dass solche Situationen alles andere als offensichtlich sind. Es braucht wohl Übung und sicherlich auch gemeinsamen Austausch, um diese Art von Lashon hara zu erkennen.
Wir können festhalten: Wenn wir andere dazu verführen, Lashon hara zu reden, ist auch das Sünde (nach 3.Mo 19,14). Es macht dabei keinen Unterschied, ob unser eigenes Reden dabei gut oder schlecht ist! Wie oben gesehen, kann auch „nettes“ Reden andere zu Lashon hara verführen.
Beachte, dass die Verführung noch viel größer ist, wenn man selbst Lashon hara spricht (zum Beispiel lästert). Denn wenn einer damit anfängt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass der andere mit einsteigt. Man sündigt dann sozusagen doppelt: Man spricht Lashon hara und man verführt andere, es ebenso zu tun.
Ausnahme – oder auch nicht?
Kommen wir zum zweiten Aspekt in dieser Einheit. Es geht dabei auch um Ausreden. Manchmal versuchen wir, Lashon hara zu „legalisieren“ oder „schönzureden“. Dafür gibt es einige beliebte Ausreden.
Doch nicht alles ist eine Ausrede. Manche Situationen erfordern, gewisse Dinge über andere sagen zu dürfen – auch wenn es im Normalfall nicht in Ordnung wäre.
Natürlich kommen wir hier zu einer Gratwanderung, die die Frage aufwirft: Unter welchen Bedingungen ist es erlaubt, Lashon hara zu reden und wann nicht!?
Nehmen wir uns folgende Begründungen für Lashon hara vor. Sind sie…
a) Ausreden, die schlechtes Reden rechtfertigen sollen aber nicht tun? Oder…
b) Unterstreichen sie spezielle Gründe, in denen es erlaubt ist, Lashon hara zu reden?
- Es ist doch die Wahrheit!
- Ich nenne ja keine Namen!
- Es geht um meine Familie!
- Aber ich möchte andere warnen!
- Ich wurde bedrängt, es zu erzählen!
- Ich habe mich selbst auch schlecht dargestellt!
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Gertraud
17. Juni 2016 @ 13:00
ich muß zu meiner Schande gestehen, dass ich durch mein Reden andere zu sündhaftem Tun verleitet habe, das war so: unser Dach war undicht. Immer, wenn es stark regnete kam Wasser an der Wand herunter. Ich ging zum Dachdecker und sprach mit der Ehefrau. wir kannten uns gut schon durch andere Dienstleistungen. Ich sagte” hoffentlich wird es nicht zu teuer”. Als dann die Rechnung kam, hatte sie nur die Materialkosten ! Also “Schwarzarbeit” war mein Gedanke, das geht ja gar nicht!
Ich hatte ein schlechtes Gewissen und ging zu JAHUSCHUA und zu der Ehefrau und bereinigte die Geschichte, entschuldigte mich, dass ich sie durch mein Reden zu dieser handlung verführt hatte und sagte ihr , dass ich das in Zukunft nicht mehr machen will!
Schalom euch allen!
Gertraud
Peter/ ?
18. Juni 2016 @ 12:09
Shalom, Hosea!
Danke für diesen Kurs, es sind wieder viele gute Gedanken drin. Mir scheint es aber gerade bei
dem Thema “Verführung” fraglich, ob es “zielführend” ist, das Video mit dem blind man honesty test
anzubieten. Ich hab’s nur kurz überflogen, ebenso die Querverweise am Ende des Videos. Ich weiß, dass in uns nichts gutes wohnt, warum sollte ich mir anschauen, wie jemand andere zum Schlechten versucht? Wenn Gott das nicht tut, wieviel weniger wir? Tut Adrian Gee das wirklich, um den Angesprochenen zur Selbsterkenntnis zu verhelfen, oder geht es ihm darum, Clicks zu bekommen? Geistlich betrachtet, legt er einen Anstoß vor die Blinden und lädt uns dazu ein, sich an deren Fall (und seiner Überlegenheit) zu weiden.
Bei den Querverweisen am Ende des Videos ist eines vom selben Autor dabei, wo er eine Frau
anspricht “Your left tit is bigger than …” – oder so ähnlich. Ich hab’s mir nicht genauer angeschaut
(müsste ich das vor einem Urteil ?), aber mir scheint das sein Motiv aufzudecken – er ist auf der Seite des Verführers und wird auf diese Weise noch viele Clicks kriegen. Hoffentlich nicht von uns?
Hosea
20. Juni 2016 @ 7:56
Danke für die Rückmeldung, Peter. Ja, das mit dem Video leuchtet mir ein. Habe es rausgenommen.
Reichen Segen euch!