Die geistliche Kraft von Torahgeboten – Teil 1: Tzitzit
Die Torah ist zutiefst geistlich zu verstehen. Natürlich. Schließlich schreibt die Bibel selbst, dass sie „vollkommen“ ist (Ps 19,8).
Unter diesem Gesichtspunkt sollten wir beachten, dass auch Gebote, die eher profan oder rein physisch erscheinen, einen spirituellen Charakter haben. Oft ist dieser nicht offensichtlich, doch es existieren genügend Zeugnisse, die berichten, wie die Anwendung von praktischen Torah-Geboten sie selbst positiv verändert hat.
In dieser Themenreihe möchten wir uns ein paar dieser Gebote anschauen und auf die tiefere, sehr kostbare geistliche Ebene hinweisen.
Im heutigen ersten Teil schauen wir uns so genannte „Gebetsquasten“ oder „Tzitzit“ genauer an.
Tzitzit
Wir lesen in 4.Mose 15,38-41 wie Gott Mose folgendes aufträgt:
Rede zu den Söhnen Israels und sage ihnen, dass sie sich eine Quaste an die Zipfel ihrer Obergewänder machen, in ihren [künftigen] Geschlechtern, und eine Schnur von blauem Purpur an der Quaste des Zipfels befestigen. Und die Quaste soll euch dazu dienen, dass ihr bei ihrem Anblick an alle Gebote des Herrn denkt und sie befolgt, dass ihr nicht den Trieben eures Herzens nachgeht und euren Augen, denen ihr nachhurt; sondern dass ihr an alle meine Gebote gedenkt und sie tut und eurem Gott heilig seid. Ich, der Herr, bin euer Gott, der ich euch aus dem Land Ägypten geführt habe, um euer Gott zu sein; ich, der Herr, euer Gott.
Folgendes können wir festhalten:
1. Für Männer
Viele Gebote in der Torah gelten nur für bestimmte Gruppen. Es gibt Gebote für Leviten, für Frauen, für Kohanim (Nachkommen Aarons) und eben – so wie hier – Gebote die explizit für Männer gelten.
2. Das Obergewand
Ähnlich wie es Gebote für den Tempel gibt, die nur ausführbar sind, wenn es auch einen Tempel gibt, verhält es sich hier: Quasten sollen an die Zipfel des „Obergewandes“ gemacht werden. Doch wenn man kein Obergewand trägt, ist man genau genommen nicht verpflichtet, Tzitzit irgendwo zu befestigen. Anders als beim Tempel lassen sich hierfür allerdings die Voraussetzungen leicht erfüllen. Üblicherweise gibt es dazu so genannte „Tallits“ – entweder in groß zum Umhängen (in der Gebetszeit) oder in klein um es unter dem Hemd zu tragen.
Interessant ist, dass es sogar viele Christen gibt, die von der geistlichen „Kraft“ von Tallits schwärmen. Vor allem die Intensität oder „Nähe“ in Gebetszeiten sei intensiver.
3. Die Farbe
Es ist auffällig, dass unterschiedliche Übersetzer unterschiedliche Farben für die eine spezielle Schnur angeben. Oben lasen wir etwas von „blau“, Elberfelder dagegen übersetzt mit „violett“:
…und dass sie an die Quaste des Zipfels eine Schnur aus violettem Purpur setzen sollen. (Vers 38)
Das liegt daran, dass hier keine gewöhnliche Farbe genannt wird, sondern eine sehr spezielle – „Techelet“. Diese Farbe wird von einem speziellen Tier gewonnen (Chilazon), bei dem man nicht mehr genau weiß, was für ein Tier es ist (wahrscheinlich ein Fisch oder eine Amphibie).
Vor einigen Jahren nun hat man ein Tier in Israel gefunden, das sehr wahrscheinlich eben dieses „Chilazon“ ist. Und somit existieren nun immer mehr Tzitzit, die auch die entsprechende blaue Schnur enthalten.
Näheres dazu hier.
Bevor wir nun einen etwas tieferen Blick auf Tzitzit werfen, untersuchen wir zunächst den Sinn und Zweck von Kleidung. Denn damit sind Tzitzit eng verknüpft.
Der Sündenfall
Kleidung dient nicht nur zum Wärmen und zum Schutz vor Wind, Wasser oder Sonne. Die Bibel beschreibt, wie es überhaupt dazu kam, dass Menschen – im Gegensatz zu Tieren – anfingen, sich zu bekleiden.
Als Adam und Eva lieber anderen Stimmen gehorchten als Gott, folgte auch eine veränderte Wahrnehmung des Menschen.
Während sie zuvor nackt waren und sich dessen nicht schämten, „erkannten“ sie nun ihre Nacktheit.
1.Mo 2,25: Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie schämten sich nicht.
1.Mo 3,7a: Da wurden ihnen beiden die Augen geöffnet, und sie erkannten, dass sie nackt waren;
Was veränderte sich in diesem Augenblick? Haben sich bis dahin Adam und Eva ausschließlich ins Gesicht geschaut? Warum war ihre Nacktheit nicht schon im Vorhinein bekannt?
Der Unterschied lag im Fehlen der Begierde. Nacktsein und damit auch Sexualität war vor dem Sündenfall etwas völlig Normales.
Die Geschlechtsorgane waren normal wie Hände, Augen und Ohren. Menschen waren – wie auch alle Tiere – ohne Kleidung und somit stellte dies keine Besonderheit dar.
Doch als Adam und Eva „die Augen geöffnet“ wurden, entwickelte sich der Gegenüber zum „Sexualobjekt“. Und diese sexuelle Begierde des einen wurde dem anderen peinlich. Denn niemand möchte nur als Objekt wahrgenommen werden.
Und so war es eine folgerichtige Handlung, sich direkt im nächsten Augenblick zu bedecken:
1.Mo 3,7: Da wurden ihnen beiden die Augen geöffnet, und sie erkannten, dass sie nackt waren; und sie banden sich Feigenblätter um und machten sich Schurze.
Dabei half sogar Gott selbst mit:
1.Mo 3,21: Und Gott der Herr machte Adam und seiner Frau Kleider aus Fell und bekleidete sie.
In dieser Hinsicht sind die hebräischen Wörter für „Kleidung“ sehr aufschlussreich:
Ein hebräischer Blick
Zum einen gibt es für Kleidung das hebräische Wort „Lebush“ (lamed, bet, vav, shin). Lebush hat die Wortwurzel bush (bet, vav, shin), was „beschämt sein“ heißt.
Dieser Zusammenhang verdeutlicht den Zusammenhang aus der Schöpfungsgeschichte: Kleidung wird aus Scham getragen (neben weiteren Gründen)!
(Sicherlich ist es kein Zufall, dass alle Völker dieser Erde zumindest ihre Schambereiche mit Kleidung abdecken.)
Ein weiteres hebräisches Wort für Kleidung ist beged (bet, gimmel, dalet). Es hat die gleiche Wurzel wie bagad, was wiederum „rebellieren“ bedeutet.
Dies ist erneut eine Verknüpfung zur Entstehungsgeschichte von Kleidung: Menschen tragen Kleidung, weil sie gegen Gott rebelliert haben.
Zusammengefasst können wir sagen, dass Kleidung eine Barriere gegen sexuelle Begierde darstellen sollte! Seit dem Sündenfall rufen entsprechende Körperteile des anderen Geschlechts sexuelle Begierden in Menschen hervor. Und um als normales Gegenüber wahrgenommen zu werden, hat man begonnen sich zu bekleiden – und Gott selbst hat dies unterstützt.
Es ist nicht das eigentliche Thema dieser Ausarbeitung, aber sicherlich sollten diese Informationen unsere Kleidungswahl deutlich beeinflussen (was nicht heißt, dass wir uns nicht chic oder schön kleiden dürfen)!
Der Zusammenhang zu Tzitzit
Die Torah trägt den israelischen Männern auf, sich Tzitzit ans Obergewand zu binden. Dieses Gebot, das auch Yeshua befolgte (vgl. Lk 8,44), birgt einen wichtigen Zusammenhang zu den bisherigen Informationen über Kleidung:
Das hebräische Wort für Quasten, „tzitzit“ (tzadi, jod, tzadi, jod, tav), hat die gleiche Wurzel wie das hebräische Wort tzutz (tzadi, vav, tzadi), auf Deutsch „schauen“.
Schon allein das Wort Tzitzit zeigt also, dass das Gebot etwas mit unseren Augen und unserem Sehen zu tun hat. Offensichtlicher wird es in der entsprechenden Weisung:
4.Mo 15,38-41: Rede zu den Kindern Israels und sage ihnen, dass sie sich eine Quaste an die Zipfel ihrer Obergewänder machen, in ihren [künftigen] Geschlechtern, und eine Schnur von blauem Purpur an der Quaste des Zipfels befestigen. Und die Quaste soll euch dazu dienen, dass ihr bei ihrem Anblick an alle Gebote des Herrn denkt und sie befolgt, dass ihr nicht den Trieben eures Herzens nachgeht und euren Augen, denen ihr nachhurt; sondern dass ihr an alle meine Gebote gedenkt und sie tut und eurem Gott heilig seid. Ich, der Herr, bin euer Gott, der ich euch aus dem Land Ägypten geführt habe, um euer Gott zu sein; ich, der Herr, euer Gott.
Der Anblick der Tzitzit soll einen Israelit an die Gebote Gottes erinnern. Das zum Einen. Doch zum anderen soll es die „Triebe“ des Herzens und der Augen vermindern.
Das ist in wichtiger Punkt, über den wir nachdenken sollten.
Die „Triebe“ der Augen haben natürlich nicht notwendigerweise etwas mit sexuellen Gelüsten zu tun. Man kann mit den Augen auch Sensationsgelüsten usw. nachhuren. Aber dieser Bereich gehört definitiv zu diesem Thema dazu und ist sicherlich nicht der kleinste.
Nicht aus Zufall lesen wir bei Hiob:
Hi 31,1: Ich hatte einen Bund geschlossen mit meinen Augen, dass ich ja nicht [begehrlich] auf eine Jungfrau blickte.
Die Triebe des Herzens und der Augen sind ein ernstzunehmendes Thema. König Salomo schreibt:
Spr 4,23: Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.
Doch die Frage steht nun im Raum, wie Tzitzit etwas an den Augen und am Herzen verändern soll!? Soll man es sich zur Angewohnheit machen, bei falschen Blicken so schnell wie möglich auf die Tzitzit zu schauen?
Wir kommen hierbei nun zum geistlichen Aspekt dieses Gebots! Denn wir finden hier einen eindeutigen Hinweis darauf, dass das Tragen der Tzitzit Herzen und Augen verändert! Das ist ein geistliches Prinzip, dass Gott eingeführt hat (auch wenn es nicht unbedingt logisch erscheint).
Es gehört zu den typischen praktischen Taten, die geistliche Auswirkungen haben (vgl. Hebrew vs. Greek – Die Wiederherstellung biblischen Lebens).
Und viele Zeugnisse und Erlebnisberichte bestätigen dies.
Praktische Umsetzung
Wie nun soll man dieses Gebot nun am besten umsetzen? Schließlich ist es nicht jedermanns Sache, mit Tzitzit durch die Gegend zu laufen – vor allem in unserer westlichen, antisemitisch geprägten Kultur.
Aus diesem Grund macht es Sinn, Tzitzit mit Hilfe der Tallits zu tragen:
Den „Tallit gadol“ (Gebetsschal) kann man in Gebetszeiten überziehen.
Einen „Tallit katan“ kann man als Unterhemd anziehen und so unter der Kleidung tragen, dass man die Tzitzit nicht sieht.
Natürlich stellt sich dann die Frage, wie man dann „bei ihrem Anblick an alle Gebote des Herrn“ denken kann. Doch zum einen sollte die Sicherheit vorgehen und zum anderen kann man die Tzitzit ja bei Gebetszeiten (zum Beispiel beim Shma-Israel-Gebet, in dem die Tzitzit erwähnt werden) herausholen. Auch beim Anziehen und Ausziehen kann man speziell gedenken.
Doch bevor man gar keine trägt, ist dies sicherlich eine bewährte und sinnvolle Praxis – vor allem dann, wenn man an die geistliche, dahinterliegende Kraft denkt!
Bestellbar sind Tzitzit zum Beispiel hier: www.worldofjudaica.de
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