Abraham, Isaak und Jakob – Helden unseres Glaubens – Teil 8 – Laban und die Weisheit
Als Jakob nach Paddan-Haran flieht, trifft er am Brunnen seine zukünftige Frau, Rahel. Als er dieser berichtet, wer er ist, rennt sie los und berichtet es ihrem Vater.
Laban kommt Jakob entgegen, umarmt und küsst ihn. Das wirkt auf den ersten Blick sehr freundlich und aufgeschlossen. Doch was steckt wirklich hinter diesem Mann?
Ist er Jakob so aufgeschlossen, wie es einem hier vermittelt wird?
Wir lesen wie Jakob von Laban 7 Jahre später zum ersten Mal hereingelegt wird, indem er sich nicht an Absprachen hält und bei der Hochzeit Rahel mit Lea vertauscht. Und auch in den folgenden Berichten kommt heraus, dass Laban alles andere als ein rechtschaffender Mann ist. Jakob spricht zu ihm, nachdem er 20 Jahre bei ihm war:
1.Mo 31,38-42: Diese 20 Jahre bin ich bei dir gewesen; deine Mutterschafe und Ziegen wurden nie ihrer Jungen beraubt, und die Widder deiner Herde habe ich nicht gegessen! Was zerrissen wurde, habe ich dir nicht gebracht; ich musste es ersetzen, du hast es von meiner Hand gefordert, ob es bei Tag oder bei Nacht geraubt war. Es ging mir so: Am Tag verschmachtete ich vor Hitze und in der Nacht vor Frost, und der Schlaf floh von meinen Augen. Diese 20 Jahre lang habe ich dir in deinem Haus gedient, 14 Jahre um deine beiden Töchter und sechs Jahre um deine Schafe, und du hast mir meinen Lohn zehnmal verändert! Wenn nicht der Gott meines Vaters für mich gewesen wäre, der Gott Abrahams und der, den Isaak fürchtet, du hättest mich gewiss jetzt leer ziehen lassen; aber Gott hat mein Elend und die Arbeit meiner Hände angesehen und hat gestern Nacht Recht gesprochen!
Laban ist offensichtlich nicht fair mit Jakob umgegangen (um es milde auszudrücken): Er hat ihn schlecht behandelt, war alles andere als gnädig mit ihm, betrog ihn mehrfach, hielt sich nicht an Absprachen, usw.
Dazu kommt, dass Laban Götzen besaß und somit nicht Gott diente (*siehe auch Anmerkung unten).
Kommen wir zurück zur Begrüßung Labans. War Laban ein gastfreundlicher Mann, der sich über den Besuch aus der Familie Abrahams freute?
Im ersten Moment freute er sich tatsächlich, als er von seinem Kommen hörte. Denn als das letzte Mal jemand aus Abrahams Familie kam, Abrahams Diener, hatte dieser zehn mit Reichtümern beladenen Kamelen mit sich, die später bei der Familie blieben.
Doch Jakob dagegen hatte nichts mit sich außer seinen Stab.
Dies wird mit Sicherheit Enttäuschung in Laban hervorgerufen haben. Dennoch führt er Jakob in sein Haus und begründet es mit „du bist mein Gebein und mein Fleisch“. Kann man daraus schließen, dass Laban nur an reichen Menschen gerne Gastfreundschaft übt? Die Vermutung liegt nahe… (einen Verwandten kann er wohl kaum abweisen).
Jakob darf einen Monat bei Laban wohnen, bis dieser ihn fragt, was sein Lohn für Jakobs Arbeit sein soll. Es folgen sieben Jahre Arbeit für die Tochter Labans. Doch man sieht daran, dass Jakob – obwohl er Gast in Labans Haus war – er dennoch in diesem ersten Monat für ihn arbeiten musste. Es gab also nichts geschenkt…
Wie auch immer. Laban spielt keine schöne Rolle in der Bibel und Laban ist demzufolge nicht unbedingt ein Name, den ich meinen Sohn geben würde.
Und doch leiten Rabbiner aus dieser Geschichte und speziell von Laban mehrere Ratschläge oder Weisheiten ab, die man sich zu Herzen nehmen sollte. Denn interessanterweise ist es sogar Laban selbst, der sie lehrt:
1. Ein Arbeiter und sein Lohn
1.Mo 29,15: Danach sprach Laban zu Jakob: Solltest du mir darum umsonst dienen, weil du mein Neffe bist? Sage mir, was soll dein Lohn sein?
Jeder von uns kennt den Satz “Der Arbeiter ist seines Lohnes wert”. Dass dies auch Laban „lehrt“, geht allerdings unter (Warum, sollte uns einleuchten. Aber dazu später mehr).
2. Mehrere Töchter
1.Mo 29,26: Laban antwortete: Es ist nicht Sitte in unserem Ort, dass man die Jüngere vor der Älteren weggibt.
Alles was in der Torah steht, ist wichtig für unser persönliches Leben heute. Insofern wird auch aus diesem Zitat eine Weisheit abgeleitet: Verheirate nicht deine jüngere Tochter vor der älteren.
Wahrscheinlich ist es eine Sache von Ehre und ebenso spart man sich viele Konflikte.
Des Weiteren ist es aber auch ein klarer Seitenhieb an Jakob, der ja den Familiensegen und das Erstgeburtsrecht von Esau (dem älteren der beiden) erlangt hat – und was Laban mitbekommen haben dürfte. „Jakob, bei euch macht man das vielleicht anders mit den älteren Geschwistern. Aber bei uns kommt die Ältere vor der Jüngeren…“
3. Zweimal feiern
1.Mo 29,27: Vollende die [Hochzeits-]Woche mit dieser, so wollen wir dir jene auch geben, für den Dienst, den du mir noch weitere sieben Jahre lang leisten sollst!
Laban achtete sehr darauf, dass zwei Angelegenheiten nicht gemeinsam gefeiert werden. „Jeder Braut gebührt die Ehre!“
Auch das nimmt man im Judentum wichtig.
Interessanterweise werden manche Feiertage sogar im Festtagskalender verschoben, wenn sie auf einen Schabbat feiern würden. Und als was wird der Schabbat angesehen? Als eine Braut…
Interessant, oder?
4. Tzaddik
Menschen, die tzaddik sind (hebr. gerecht) sind rechtschaffen und gottesfürchtig. Sie leben nach der Torah. Und es ist kein anderer als Laban, der erkennt, dass man gesegnet wird, wenn man einen solchen Menschen bei sich beherbergt:
1.Mo 30,27: Laban antwortete: Ach, dass ich doch in deinen Augen Gnade fände! Ich habe ja erfahren, dass der Herr mich um deinetwillen gesegnet hat!
Sicherlich ist auch aus diesem Grund Gastfreundschaft eine so große Mitzvah.
Laban und die Weisheit
Ist es nicht erstaunlich, dass Laban so viele „Geistesblitze“ besitzt (und die dazugehörigen Wahrheiten kennt) und dennoch so schlecht wegkommt?
Klar, Laban weiß darum. Doch das Entscheidende ist nicht, dass man sie kennt, sondern ob und wie man sie in seinem Leben anwendet!
Er weiß, dass Arbeiter ihres Lohnes wert sind. Doch führt er dies gut aus? Nein, er betrügt Jakob mehrfach und verändert immer wieder seinen Verdienst.
Laban weiß, dass es sich gehört, zuerst die ältere Tochter zu verheiraten. Doch wie setzt er dies um? Nicht indem er mit Jakob zuvor darüber redet. Sondern im Geheimen hintergeht er seinen Schwiegersohn, so dass dieser erst am Morgen nach der Hochzeitsnacht feststellt, welches Spiel mit ihm gespielt wurde.
Und zuletzt hat Laban erkannt, wie gesegnet man ist, wenn man einen Tzaddik bei sich beherbergt. Doch wir haben gesehen, wie Labans Gastfreundschaft tatsächlich aussieht. Am Ende will er Jakob mit Waffengewalt zurückholen. Das sagt alles.
Laban mag wichtige Erkenntnisse haben. Doch er sucht seinen eigenen Vorteil. Es geht ihm nicht um den Nächsten.
Und aus diesem Negativbeispiel können wir ebenso viel lernen, wie aus den anderen Lehren Labans. Weisheit ist nutzlos, wenn wir sie nicht in Liebe anwenden!
PS: Am Ende noch eine Bemerkung zu den Götzen: Warum nimmt Rahel eigentlich die Götzen von Laban mit? Dazu sind zwei Auslegungen sehr verbreitet: Entweder wollte sie damit ihren Vater vom Götzendienst abhalten. Oder es waren Wahrsagegötzen, die verraten hätten, wo sich Jakob mit seiner Familie aufgehalten hat.
Und wenn wir schon beim Thema Götzen sind: Es mag sehr erstaunlich sein, dass Jakob und seine Familie als sie schon in Kanaan sind „fremde Götter“ bei sich haben (vgl. 1.Mo 35,1-4).
Warum haben Jakob und Co Götter bei sich? Die Antwort ist ganz einfach, wenn man sich das Kapitel zuvor anschaut: Natürlich waren Jakob und Familie keine Götzendiener, doch als Jakobs Söhne die Stadt Sichem einnahmen, waren unter der ganzen Beute wohl auch „unkoschere“ Dinge dabei.
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